Wissenschaftlerinnen des IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf konnten zeigen, dass Reifenabrieb, Alter und Temperatur die Neurodegeneration (d.h. den Abbau von Nervenzellen) in Modellen des Fadenwurms C. elegans für Alzheimer und Parkinson beschleunigen. Die entsprechende Studie wurde in der Fachzeitschrift „Environmental Pollution“ veröffentlicht.
Düsseldorf, 01.06.2023. Neben genetischen Faktoren und dem Alter gehört auch Luftverschmutzung zu den Risikofaktoren für Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson. Die erste Assoziation bei Luftverschmutzung ist meist Autoabgase, aber auch Reifenabrieb ist ein Teil davon. Vor diesem Hintergrund hat die Arbeitsgruppe von Professor Anna von Mikecz den Einfluss von Reifenabrieb und Alter auf Modelle des Fadenwurms C. elegans für Alzheimer und Parkinson untersucht. Als zusätzlicher Faktor, auch im Hinblick auf die Klimaerwärmung, wurden die Experimente bei unterschiedlichen Temperaturen ausgeführt.
Bei der Studie kam exemplarisch für einen Reifenbestandteil Siliziumdioxid (Nano-Silika; SiO2) zum Einsatz. Diese kleinen Teilchen hat sich die Arbeitsgruppe auch schon in einem anderen Zusammenhang angeschaut: Sie werden als Lebensmittelzusatzstoff gegen Verklumpen verwendet und zeigten negative Effekte, wenn sie vom Fadenwurm mit der Nahrung aufgenommen werden. In der aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift „Environmental Pollution“ veröffentlicht wurde, gab es auch negative Effekte, wenn der Fadenwurm das Siliziumdioxid aus der Umgebung aufnahm. Dabei wurde der Abbau von Nervenzellen beobachtet. Besonders anfällig war das Alzheimer Modell des Fadenwurms, in dem eine verringerte Nervenfunktion gemessen wurde. Im Parkinson Modell zeigte sich der Abbau von Nervenzellen, die Dopamin produzieren. Das Fazit: Alle drei Faktoren, Reifenabrieb, Alter und 25 Grad beschleunigten in Modellen des Fadenwurms für Alzheimer und Parkinson den Abbau von Nervenzellen.
„Wir haben in unserer Gruppe zum ersten Mal den Einfluss von Temperatur auf die Degeneration von Neuronen untersucht und die Ergebnisse sind wirklich spannend“, berichtet Professor Anna von Mikecz. „Die Untersuchungen in Alzheimer- und Parkinson-Modellen des Fadenwurms zeigen uns, dass Kälte ihre gesunde Lebensspanne verlängert. Das deckt sich auch mit den Beobachtungen von einem Forschungsteam aus Köln, die erst kürzlich veröffentlicht wurden.“ Inwieweit diese Ergebnisse auch auf den Menschen übertragbar sind, wird die Zukunft zeigen. Als nächste Arbeiten sind in der AG von Mikecz die Untersuchungen von anderen Reifenbestandteilen sowie städtischen Luftproben geplant.
356 Wörter, 2704 Zeichen
Publikation
Limke A, Scharpf I, Blesing F and von Mikecz A: Tire components, age and temperature accelerate neurodegeneration in C. elegans models of Alzheimer’s and Parkinson’s disease. Environ Pollut 2023.
Link: https://doi.org/10.1016/j.envpol.2023.121660
Über den Modellorganismus Caenorhabditis elegans (Fadenwurm)
Der Fadenwurm C. elegans kommt aus verschiedenen Gründen häufig in der Alternsforschung zum Einsatz: Er ist ein multizellulärer Organismus mit einem kurzen Lebenszyklus und einer durchschnittlichen Lebensdauer von 15-20 Tagen. Sein Genom ist vollständig sequenziert und mehr als 60 Prozent seiner Gene haben die gleiche Struktur und Funktion wie menschliche Gene. Der Wurm ist mit einer Länge von 1 mm sehr klein, transparent und hat gut charakterisierte Phänotypen (Erscheinungsbilder) und Verhaltensweisen. Erstaunlicherweise finden sich einige mit dem Alter verbundene Merkmale, die im Menschen beobachtet werden, auch in C. elegans wieder: Mit dem Alter bilden sich Gewebe zurück, physiologische Funktionen und Stressresistenz lassen nach und die Sterbewahrscheinlichkeit nimmt zu. Diese evolutionär konservierten Eigenschaften können in C. elegans unter dem Mikroskop untersucht werden, um die Effekte von genetischen Einflüssen und Umwelteinflüssen auf den Alterungsprozess zu erforschen und wichtige Erkenntnisse für die menschliche Gesundheit zu erlangen.
Über das IUF
Das IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung untersucht durch welche molekularen Mechanismen Sonneneinstrahlung, Luftverschmutzung und ausgewählte Chemikalien die menschliche Gesundheit schädigen. Dabei liegt der Fokus auf umweltinduzierten Alterungsprozessen der Lunge, der Haut, des zentralen Nervensystems und des Immunsystems. Mit der Entwicklung neuer Modelle trägt das IUF dazu bei, die Risikoabschätzung zu verbessern und innovative Strategien zur Prävention und Intervention zu identifizieren.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.iuf-duesseldorf.de.
Das IUF gehört der Leibniz-Gemeinschaft an: www.leibniz-gemeinschaft.de.
Kontakt
Prof. Dr. rer. nat. Anna von Mikecz, Arbeitsgruppenleiterin
E-Mail: Anna.vonMikecz@IUF-Duesseldorf.de
Telefon: 0211 3389 358
Christiane Klasen, Referentin des Institutsdirektors
E-Mail: Christiane.Klasen@IUF-Duesseldorf.de
Telefon: 0211 3389 216
IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung GmbH
Auf’m Hennekamp 50
40225 Düsseldorf